Patenschafts-Olivenhain

Palombaio No.1

Patenschaftsolivenhain Palombaio No.1Streift man durch die von Olivenbäumen – soweit das Auge reicht – geprägte Landschaft hinter der alten Stadt Bitonto, fällt man schnell einer romantischen Stimmung anheim. Bei näherem Blick irritiert sich diese Stimmung jedoch an der strengen schachbrettmusterartigen Anlage der meisten Olivenhaine. Die Handschrift von Flurbereinigungen ist unverkennbar. Inmitten dieser nach Mathematik anmutenden Natur erschließt sich den Spaziergängern ein unordentlicher Flecken dreier Olivenhaine. Hier hat noch niemand Hand an diese Art der Flurbereinigung gelegt, dafür wirken auch alle drei nur notdürftig bewirtschaftet. Die Olivenbäume, aber auch viele andere Pflanzen werden offensichtlich nicht mehr gepflegt, sie machen einen verwilderten Eindruck. Das wiederum ist auch Glück, da sie auf den umliegenden, gepflegten Hainen gänzlich verschwunden sind und gar nicht sichtbar wäre, was eigentlich fehlte.

Patenschaftshain Palombaio No.1Das Herzstück dieser drei Haine, der jetzige Patenschaftsolivenhain „Palombaio No.1“ gehörte einem Erben und entfernten Verwandten der früher hier dominierenden, aus Spanien eingewanderten, Adelsfamilie. Aus gesundheitlichen Gründen hatte er bereits vor etlichen Jahren den Hain aufgegeben. Meiner Kaufanfrage, die ich über Franco Cuonzo vorsichtig an ihn gerichtet hatte, beschied er mit einem positiven Votum und nannte sogleich den Preis. Franco fand ihn angemessen und so willigte ich ein. Mein erstes Zusammentreffen mit ihm kurz vor dem Notartermin brachte dann die erste Überraschung. Als er erfuhr, dass ich diesen Olivenhain mit Hilfe von Olivenbaumpaten zu einem Landschaftsmuseum entwickeln  wollte, war er so begeistert, dass er mir ca. 15% des Kaufpreises erließ. Die negative Überraschung folgte dann etwas später, als ich die Rechnung des Notars erhielt, in der dieser ein Drittel des Kaufpreises für sich als Honorar und weitere Gebühren reklamierte. Schmerzlich musste ich lernen, dass in Italien keine für uns gewohnte Gebühren- und Honorarordnung existierte. Franco verstand zwar meine Empörung, teilte mir aber gelassen mit, dass er bereits einen ihm bekannten Notar ausgewählt hatte und es sonst noch teurer geworden wäre. Ich verfolge nun mit größerer Aufmerksamkeit die in Deutschland geführte Debatte, die bestehende Honorarordnung für Rechtsanwälte aufzuheben, um mehr Wettbewerb zu ermöglichen.

Patenschaftshain Palombaio No.1Kurze Zeit später saß ich mit Franco bei einem Agrar-Consultants, weil Franco mich drängte, den Olivenhain zum Erhalt von EU-Agrarsubventionen anzumelden. Er hatte alle Unterlagen über den Hain bereits zusammen, inklusive aller Pläne und Satellitenfotos. Mit einem tragischen Gesichtsausdruck wurden wir empfangen und der Consultants teilte uns mit, dass der größte Teil der Bäume verloren sei. Erschrocken fragte ich, ob man sie nicht durch gutes Beschneiden und intensive Pflege erhalten und retten könnte. Nein, nein antworte er, so sei das nicht gemeint, für die Subvention seien sie verloren. Er öffnete seinen Computer und führte uns eine komplizierte mathematische Formel vor, die den Abstand der Bäume zueinander definiert. Angewandt auf die Anpflanzungen im Olivenhain kommt dabei jenes „Schachbrettmuster“ heraus, welches mir beim Durchstreifen der umliegenden Olivenhaine immer die romantische Stimmung verdirbt.

In früherer Zeit pflanzte man auf der Hainfläche die Bäume in größerem Abstand (ca.14 bis 18 Meter), je vier Olivenbäume im Quadrat und in der Mitte der sich schneidenden Diagonalen z.B. einen Mandelbaum. Auf einer angrenzenden Fläche machte man es genau umgekehrt, vier Mandelbäume und einen Olivenbaum.

Patenschaftsolivenhain Palombaio No.1Mandelbäume sind kurzlebiger als Olivenbäume, daher sind etliche bereits abgestorben oder so überaltert, dass sie ersetzt werden müssen. Die heutige mathematische Subventionsformel verlangt nun aber einen etwa hälftigen Abstand voneinander gegenüber früherer Tradition und das nur noch „artenreine“ Bäume zusammen stehen. Diesem Abstand genügen nicht alle Olivenbäume auf der einen Hälfte des Haines und die dortigen Mandelbäume überhaupt nicht. Auf der anderen Hälfte ist es dann genau umgekehrt. So sind auf der einen Fläche die Mandelbäume verloren und auf der anderen die Olivenbäume. Die Subvention erzwingt damit geradezu die landwirtschaftliche Ausrichtung zur Monokultur mit all den negativen Auswirkungen auf das Ökosystem.

Der Verzicht auf die Umgestaltung zum Erhalt der Subventionen wird bei einigen Einheimischen sicher Kopfschütteln hervorrufen, aber eingebettet in die neue mathematische Ordnung der umliegenden Haine, wird der Erhalt der alten Ordnung sehr prägnant das Gestern, das Heute und die Zukunftsvision verdeutlichen. Das alles zusammen ist wie geschaffen für ein aufklärerisches Landschaftsmuseum. Mit Freude werde ich für dieses Ziel jeweils die Hälfte der Oliven- und Mandelbäume als „verloren“ geben.

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